Werk-Welten. Perspektiven der Interpretationsgeschichte
Herausgegeben von Andreas Ballstaedt und Hans-Joachim Hinrichsen



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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Beate Angelika Kraus: Interpretationsgeschichte im Spannungsfeld zwischen Rezeptionsforschung und Aufführungspraxis

Beatrix Borchard: »Von Bach zu Beethoven und zu Brahms« oder: Interpretationsgeschichte als Interpretengeschichte

Hans-Joachim Hinrichsen: Furtwängler und Schumann. Überlegungen zum Gegenstand der Interpretationsforschung
(mit 7 Audiobeispielen auf der beiliegenden CD-ROM)

Thomas Synofzik: Deutsche und romanische Skala? Intonationsuntersuchungen an frühen Violinaufnahmen
(mit 17 Audiobeispielen auf der beiliegenden CD-ROM)

Dominik Sackmann: Aufführungspraxis und Interpretationsgeschichte

Christa Brüstle / Clemens Risi: Aufführunganalyse und -interpretation. Positionen und Fragen der »Performance Studies« aus musik- und theaterwissenschaftlicher Sicht
(mit 1 Videobeispiel auf der beiliegenden CD-ROM)

Hermann Danuser: »Zur Haut ›zurückkehren‹«. Zu Theodor W. Adornos Theorie der musikalischen Reproduktion

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Die Autorinnen und Autoren

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Zusammenfassung des Inhalts

Interpretationsforschung ist eine noch junge Forschungsrichtung der Musikwissenschaft, deren Konturen vermutlich weniger durch eine Reflexion darüber, was Interpretation denn sei, zu gewinnen sind – der Begriff im musikalischen Kontext datiert aus dem 19. Jahrhundert –, als über die Durchführung konkreter Fallbeispiele, welche die Überschneidungsbereiche mit anderen Forschungsansätzen thematisieren. So gehen alle in diesem Sammelband vereinigten Texte davon aus, daß unter Interpretation hier nicht die hermeneutisch-textliche Auslegung eines musikalischen Werkes verstanden wird, sondern dessen klangliche Realisierung. Auch wenn die klangliche Seite der Musik erst seit der Erfindung der technischen Reproduktionsmöglichkeiten Ende des 19. Jahrhunderts konservierbar geworden ist, gibt es sehr wohl auch zuvor mannigfache Belege über das musikalische Verständnis von InterpretInnen. Jeder verbale Rezeptionsbeleg über eine Konzertaufführung reagiert auch (selbst wenn dies nicht ausdrücklich geschieht) auf die zugrundeliegende Interpretation – selbst dann noch, wenn er sie mißversteht oder ein Verständnis aufblitzen sieht, das gar nicht intendiert war.
Der Beitrag von Beate Angelika Kraus zeigt die Problematik dieser Verschränkung von Rezeptionsgeschichte und Interpretationsgeschichte am Beispiel der Beethoven-Aufführungspraxis und des Beethoven-Verständnisses in Frankreich auf bestechende Weise. Ihr Plädoyer für eine weitgespannte Interdisziplinarität, welche die Bedingungszusammenhänge einer Aufführung, einer Interpretation oder einer Schallaufnahme möglichst umfassend berücksichtigt, zieht sich fast wie ein roter Faden durch alle Texte. Daß eine Orientierung auf die großen Interpreten nicht eine bewußtlose Prolongation der Heroengeschichte von Komponisten sein muß, wird im Beitrag von Beatrix Borchard deutlich, die am Beispiel des Geigers Joseph Joachim den Schritt von der Kompositions- zur Interpretationskultur im 19. Jahrhundert dokumentiert und darlegt, daß Interpretationsgeschichte nicht im Vergleich einzelner Interpretationsansätze verharren muß, sondern den Interpreten als kulturell Handelnden rekonstruieren kann. Die Möglichkeit, musikalischen Klang zu konservieren, eröffnete eine ungeheuere Quellenbasis für die Interpretationsforschung, eine Quellenbasis, die von der traditionell an Texten orientierten Musikforschung bislang meist als sekundär erachtet wurde. Doch diese akustischen Quellen sind, methodisch gesehen, nicht weniger interpretationsbedürftig als Textquellen. Hans-Joachim Hinrichsen thematisiert die Probleme der Gegenstandsbestimmung und –analyse am Beispiel einer Einspielung von Schumanns 4. Symphonie unter dem Dirigat von Wilhelm Furtwängler. Wohl wissend, daß die Separation einzelner Interpretationsparameter (wie hier des Tempos) noch nicht »die« Interpretation ausmachen, veranschaulicht er, daß die subtile Verknüpfung mit den bezeichneten Dirigierpartituren und Furtwänglers Repertoirepolitik einen weit über das klangliche Ergebnis hinausgehenden Verständnisraum eröffnet. Auch der Beitrag von Thomas Synofzik reduziert bewußt bestimmte Aspekte der Interpretation, in seinem Falle die Frage nach der Intonation, um Unterschiede zwischen Interpreten auf Basis von deren zeit-, national- oder personalstilistischen Voraussetzungen und Gegebenheiten zu analysieren und diese mit zeitgenössischen theoretischen Quellen in Bezug zu setzen.
Der in einigen Beiträgen anklingenden Befürchtung, ob durch das Herausnehmen einzelner Interpretationsmerkmale nicht aus der Not – die Komplexität einer Einspielung gar nicht systematisch und strukturiert fassen zu können – eine Tugend gemacht werde, daß gar im Starren auf das akustische Gebilde die Musik nach der Hypostasierung des Werkes nun ein zweites Mal verdinglicht werde, läßt sich nur durch die Vernetzung mit anderen Quellenarten begegnen, die das Klangdokument in seinem historischen Kontext zu verflüssigen versuchen. Wie schwierig eine solche Vernetzung von Quellen sein kann, weil scheinbar unvereinbare Konzeptionen und Begriffsverständnisse eine Rolle spielen, zeigt der Beitrag von Dominik Sackmann, der die vielfältigen Überblendungen der Aufführungspraxis und Interpretationsgeschichte im Lichte eines Medienmarktes betrachtet. Gemeinhin gilt als Orientierungspunkt der Interpretationsforschung das zu Klang gewordene Werk. Doch auch diejenige Musik im 20. und 21. Jahrhundert, die jenseits einer Werkvorstellung angesiedelt ist, wie etwa die Musik John Cages oder Konzepte der performance art, stellen eine sinnvolle Herausforderung für Interpretationsforschung dar, kappen sie doch das sehr schnell sich wieder einstellende Beziehungsgeflecht zwischen Werk und Realisierung, das den performativen Akt selbst nur unter dem Blickwinkel des Werktextes wahrnimmt. Christa Brüstle und Clemens Risi zeigen an zwei paradigmatischen Beispielen die Chancen einer Interpretationsanalyse auf, wenn sich der musikwissenschaftliche Horizont hin zu anderen Fächern öffnet. Es wäre zu viel verlangt, würde man bei einem jungen Forschungszweig, wie er durch die hier vorliegenden Texte in seinen ganz unterschiedlichen Perspektiven akzentuiert wird, bereits eine Theorie der Interpretationsforschung erwarten. Wie Hermann Danuser in seinem Aufsatz über die unvollendet gebliebene Theorie der musikalischen Reproduktion Theodor W. Adornos zeigt, ist selbst die Bildung einer auf die einzig wahre Interpretation abzielende und gänzlich vom Werk ausgehende Interpretationstheorie ein nicht zu unterschätzend schwieriges Unterfangen.
 

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Gesetzt wurde dieses Buch aus der »Quadraat«, einer mit schönen Details ausgestatteten Schrift, die von dem niederländischen Schrift-Designer Fred Smeijers (1961 geboren) zwischen 1992 und 1997 gezeichnet wurde. Gedruckt wurde das Buch auf »Munken Premium Cream«, ein holzfreies, säurefreies und alterungsbeständiges Werkdruckpapier* mit angenehm gelblichweißer Färbung und hohem, griffigem Volumen,** das von der Papierfabrik Munken in Munkedals, Schweden, hergestellt wird. »Gmund Colors«, ein ungestrichener, durchgefärbter Naturkarton mit filzmatter Oberfläche,*** den wir für den Umschlag verwendet haben, wird von der Büttenpapierfabrik Gmund am Tegernsee gefertigt. Dieser Karton ist selbstverständlich chlorfrei und pH-neutral; außerdem enthält er einen Anteil von 35% Recyclingpapier.****

*     Werkdruckpapier: Ein hochwertiges, maschinenglattes (so wie es aus der Papiermaschine kommt) oder (wie »Munken Premium Cream«) leicht satiniertes (geglättetes) und wenig geleimtes Druckpapier.
**   Papiervolumen: Das Munken-Werkdruckpapier mit einem Flächengewicht von 90g/qm hat 1,75faches Volumen, das heißt: Das Papier ist – im Vergleich zu einem Standardpapier mit demselben Flächengewicht und 1fachem Volumen – dicker, ohne schwerer zu sein.
***  Bei gestrichenen Papieren und Kartons wird die Oberfläche mit natürlichen Pigmenten (wie Kaolin und Kreide) sowie Bindemitteln bestrichen, die zwischen hochglanzpolierten heißen Walzen auf die Papieroberfläche aufgepreßt werden. Die Oberfläche (der »Strich«) kann matt oder glänzend sein (mit Zwischenstufen). Solche Papiere und Kartons eignen sich vor allem für brillante Farbabbildungen. Naturpapiere und -kartons sind dagegen ungestrichen. Sie können aber auch zwischen Walzen mehr oder weniger stark geglättet (satiniert) werden. Oder es werden Ihnen vor der Trocknung die verschiedensten Oberflächen eingeprägt (mit entsprechend gravierten Walzen oder beispielsweise mit Filz wie bei »Gmund Colors«). Bei billigen Kartons ist meistens nur die oberste Materialschicht eingefärbt. Wird ein solcher Karton gefalzt (zum Beispiel am Buchrücken), dann bricht diese Schicht an der Falzlinie auf, so daß ungefärbte Schichten zum Vorschein kommen, was sehr störend wirkt. Bei hochwertigen Kartons wird dagegen dem gesamten Papierbrei Farbe zugesetzt. Der fertige Karton ist dadurch vollkommen durchgefärbt; häßliche Falzbrüche können somit nicht entstehen.
**** Dieser Recyclinganteil stammt natürlich nicht aus Haussammlungen, da hierbei die unterschiedlichsten Papiere, in der Regel auch noch bedruckt, zusammenkommen. Eine gleichmäßige Farbgebung sowie Chlor- und Säurefreiheit wäre mit solchen post-consumer-Recyclingpapieren nicht zu erzielen. Der hier verwendete Recyclinganteil stammt vielmehr aus sorgfältig sortierten, unbedruckten Papierabfällen, wie sie in Papierfabriken, Druckereien und Buchbindereien anfallen (pre-consumer).

Im folgenden sehen Sie einige Seiten aus dem Buch, die die oben gegebenen Erläuterungen illustrieren. Um diese PDF-Dateien ansehen zu können, benötigen Sie das Programm »Adobe Acrobat«.

Hintere Umschlagseite mit Buchrücken und vorderer Umschlagseite. Bitte bedenken Sie, daß die Farben, wie Sie sie am Bildschirm sehen, und auf dem gedruckten Buchumschlag mehr oder weniger stark voneinander abweichen können. Das hängt damit zusammen, daß wir für den Druck Sonderfarben verwenden, die mit dem 3-Farb-System eines Monitors (RGB-Modus) nicht adäquat wiedergegeben werden können. Diese Ansicht soll Ihnen nur eine ungefähre Vorstellung des Ganzen vermitteln.
Reihen- und Haupttitel auf einer Doppelseite (Seite 2 und 3)
Drei verschiedene Seiten aus dem Buch
 

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Rezensionen

Forum Musikbibliothek 30 (2009), Heft 1        Dieser Sammelband […] dokumentiert ein Sich-langsam-Vorantasten in ungewohnte Bereiche der Musikwissenschaft, die lange Zeit als tiefschwarze Abgründe verstanden wurden, die man weiträumig zu umgehen hatte. Vereint sind sieben Beiträge […] zur allgemeineren Methodendiskussion [sowie] explizite Fallstudien, die allerdings gleichermaßen auch methodische Fragen reflektieren. Vor allem Hinrichsen diskutiert von verschiedenen Ansätzen aus seine Methodik einer Meta-Interpretation. […] Und Synofziks detaillierte Studie zum Intonationsverständnis der Geiger um 1900 verbindet Methoden der systematischen mit denen der historischen Musikwissenschaft auf eindrucksvolle, viel zu selten durchgeführte Weise. [… Eine] anregende Aufsatzsammlung [… und ein] ansprechend gestaltetes Buch.        Martin Elste

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