Hermann Danuser:
Weltanschauungsmusik



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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung
    Auftakt
    »Welt« – »Anschauung« – »Weltanschauung«: Begriffshorizonte für Musik
    Weltanschauung und Kunst
    Der Begriff »Weltschauungsmusik«
    Zur Konzeption des Buches: Ästhetisch-kulturelle Inbilder der Moderne
    Ästhetische und gesellschaftliche Moderne

I. Gemeinschaft
1. Eine Idee und ihre Korruption: Zur Einführung
2. Das Finale von Beethovens Neunter Symphonie
    a) Prä- und postrevolutionäre Elemente der Ode
    b) »Komposition« statt »Vertonung«
    c) Gattungssynkretismus und musikalische Form
    d) Inbildspuren
    e) Rezeptionsgeschichte – Strategien der Funktionalisierung

II. Bildung
1. Anagogische Formationen: Zur Einführung
2. Symphonische Mythen bei Franz Liszt
    a) Hunnenschlacht – ein Geschichtsbild in Klängen
    b) Der Griff zur Weltliteratur: Schlussaporien bei der Dante- und der Faust-Symphonie
    c) Von Weltanschauungspoesie zu Weltanschauungsmusik – Die Ideale (nach Schiller)
3. Musiklyrische Schicksalsformen bei Johannes Brahms
    a) Des Menschenhassers Tröstung: (Alt-)Rhapsodie (Goethe)
    b) Heilung einer heillosen Konstellation? Schicksalslied (Hölderlin)
    c) Rettung durch Kunst: Klassizistisches Gedenken in Nänie (Schiller)

III. Religion
1. Religion – Nation – Kunst: Zur Einleitung
2. Geistliche Weltanschauungsmusik von Bach, Mendelssohn Bartholdy und Brahms
    a) Nach 1829: Die ästhetische Existenz der Matthäuspassion
    b) Die »Mischgestalt« der Symphonie-Kantate Lobgesang
    c) Ein deutsches Requiem
3. Konfessionelle Markierungen bei Max Reger
    a) Protestantisch – Der 100. Psalm
    b) Katholisch – Die Nonnen
    c) Allgemein religiös – Gesang der Verklärten
4. Verheißung und Erlösung im Bühnenweihfestspiel Parsifal
    a) Wagners Idee einer national-religiösen Kunst – ein Exkurs
    b) Von »Welthellsichtig« zu »Durch Mitleid wissend«: Ausgang von der Peripetie
    c) Das prophetische Motto: Stationen einer Verheißung
    d) »Erlösung dem Erlöser« – eine musikalische Enddramaturgie

IV. Heldentum
1. Im Ausgang von der Eroica: Zur Einführung
2. Totenfeier und Gedächtniskultur bei Wagner und Mahler
    a) Quintessenz eines Heros? Der Trauermarsch aus Götterdämmerung
    b) Ironie und Pathos: Bruder Jakob (Titan) – Dies irae (Totenfeier)
3. Diskursnormen bei Richard Strauss und Max Reger
    a) Naturalismus gegen Symbolismus in Tod und Verklärung
    b) Rezeptionspoetik in Symphonischer Prolog zu einer Tragödie
4. Kommunismus gegen Nationalsozialismus: Ideologien im Kampf um Deutschland
    a) Politisierung der Kunst: Hanns Eislers Krisendiagnose 1931 und die Deutsche Symphonie
    b) Ästhetisierung der Politik: Musik im Dienst der NS-Propaganda

V. Liebe
1. Destruktion und Kosmogonie: Zur Einführung
2. Frau Minne in Wagners Tristan und Isolde
3. Lyrik-Energien bei Schönberg und Zemlinsky
    a) Befreiung durch Eros im Streichsextett Verklärte Nacht
    b) Vom Erotisch-Imaginären in der Lyrischen Symphonie
4. Schöpfung aus Liebe: Gustav Mahlers Faust-Komposition in der Achten Symphonie
    a) Werkkonzeption und Goethe-Deutung
    b) Die Figuration der »Liebe« bei Goethe
    c) Der Liebe imaginäres Musik-Szenarium
    d) Raumzeitliche Immanenz und Transzendenz

VI. Allnatur
1. Von »Natur« bis »All«: Zur Einleitung
2. Nietzsche-Spiegelungen mit Delius, Strauss und Mahler
    a) Das »Mitternachtslied« – eine lyrische Mise en abyme
    b) Antichristliches Hochamt: Eine Messe des Lebens
    c) Kritik und Jubel in Also sprach Zarathustra
    d) Weltgeheimnisse der Dritten Symphonie
3. Der Atem des Monismus bei Schönberg und Webern
    a) Das tönende Conceit im Orchestergesang Natur
    b) Im Sommerwind – Grünzone einer Idylle
    c) »Des Sommerwindes wilde Jagd« aus Gurrelieder
4. Der Gesang der Planeten in Kosmos-Musik Langgaards und Hindemiths
    a) Sfaerernes Musik – Vorbote der Avantgarde
    b) Die Harmonie der Welt – Abschied von Weltanschauungsmusik?

Ausblick

Literaturhinweise

Verzeichnis der Abbildungen

Personen- und Werkverzeichnis

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Zusammenfassung des Inhalts

Das Buch präsentiert die Essenz aus zwanzig Jahren Forschung des Autors zur Verbindung von Diskurs- und Werkanalyse, von Heteronomie- und Autonomieästhetik, von Bedeutung und Struktur in der Musik; und es stellt den Versuch dar, einigen Werken – bekannten und weniger bekannten – zu einem tieferen Verständnis zu verhelfen. Durch die Erschließung von Welt, Anschauung und Weltanschauung als Begriffshorizonte für Musik leistet es zudem einen gewichtigen Beitrag zur Theorie der Musik. Analysiert werden Werke von Bach, Beethoven und Mendelssohn Bartholdy, von Liszt, Wagner, Brahms und Mahler, von Delius, Strauss, Skrjabin, Zemlinsky, Reger, Schönberg und Webern bis hin zu Langgaard, Hindemith, Eisler, Messiaen, Crumb und Stockhausen.

Aus der Einleitung des Autors       Weltanschauungsmusik ist ein Begriff, der die Erkenntnis der jüngeren Musikgeschichte, und keineswegs nur der deutschen, entschieden zu befördern vermag. Er ist nicht neu – Rudolf Stephan hat ihn vor Jahrzehnten geprägt –, aber er soll in diesem Buch auf eine, so ist zu hoffen, neuartige und fruchtbare Weise entwickelt werden. Definieren lässt er sich, sowenig wie andere Begriffe, nicht, wohl aber lässt er sich erläutern und begründen.
Im Kern steht eine notwendige Spannung zwischen autonomie- und heteronomieästhetischen Faktoren im musikalischen Werk, die den Gegensatz zwischen den beiden Sphären der Ästhetik unterläuft. Der Weltbegriff, der für Weltanschauungsmusik gilt, ist demnach zwangsläufig mehrdeutig, indem er einerseits die innermusikalische Welt einer autonomieästhetischen Begründung, andererseits zugleich die außermusikalische Welt eines heteronomieästhetischen Bezugs beinhaltet. In der Rezeptionsgeschichte laufen diese Sphären der Ästhetik vielfach in- und durcheinander: Der vom Rezipienten miteingebrachte Weltbezug im Hören und Verstehen mag eine vom Autor erstrebte geschlossene Sphäre der Autonomieästhetik aufbrechen und erweitern, so dass aus ursprünglich reiner oder gar absoluter Musik »Weltanschauungsmusik« werden kann. Und umgekehrt mögen auktorial gesetzte Dimensionen eines heteronomieästhetischen Weltbezugs zurückgedrängt oder vergessen werden, so dass ursprüngliche Weltanschauungsmusik zu »reiner« oder »absoluter Musik« werden kann. Diese doppelte Bewegung auf dem Gebiet der Rezeptionsgeschichte, ein wichtiges Feld der Forschung, klammere ich hier aus. Um für dieses Buch ein Kriterium zu erhalten, das erlaubt, Weltanschauungsmusik von anderer Musik abzugrenzen, die keine ist, erkläre ich produktions- und vor allem werkästhetisch zur Bedingung, dass ein Werk, um Weltanschauungsmusik zu sein, vom Komponisten auktorial im doppelten ästhetischen Sinn angelegt sein muss. Indem hierbei Erfahrungsperspektiven wechseln, Erkenntnisrichtungen sich verschieben, verändert die Verbindung beide Seiten des Gegensatzes: Das starre Entweder-Oder macht einem Sowohl-als-Auch Platz. (…)
Wenn man sich die Auseinandersetzungen zwischen absoluter und programmgebundener Musik, zwischen Strukturalismus und Hermeneutik vergegenwärtigt, ist in der bisherigen Forschung jeweils die eine Seite akzentuiert und die andere heruntergespielt worden. Darum hoffe ich, durch die analytische Entfaltung dieser Ambiguität, die Weltanschauungsmusik konstitutiv eigen ist, einen Beitrag zur Theorie der Musik leisten und einigen Werken, teils mehr, teils weniger bekannten, zu einem tieferen Verständnis verhelfen zu können. Indessen unterliegt auch Weltanschauungsmusik der Macht der Geschichte insofern, als die kulturellen Prämissen und ästhetischen Prinzipien, denen sie ihre Entstehung verdankt, weder Dauer noch Aktualität verbürgen. Untergegangen sind die Ideale der Fortschrittsgeschichte, die verschiedene Etappen weltanschauungsmusikalischer Kunst vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart geleitet haben: die aufklärerisch-universale Humanitätsidee im frühen Nationalismus, das emanzipatorisch-weltbürgerliche Nationalkonzept im Chauvinismus nach der Bismarckschen Reichsgründung, der gründerzeitliche Optimismus in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs, die nationalsozialistisch-»völkische« Weltanschauung in den Trümmern des Deutschen Reiches, die marxistisch-sozialistische im Zusammenbruch des Sowjetimperiums. Selbst die Ideale einer demokratischen Gesellschaft, durch »9/11« erschüttert, sind in Zeiten »neuer Kriege« von universaler Anerkennung weit entfernt, ein Zeichen für den immerwährenden Wandel der Geschichte. So verändern sich die Rahmenbedingungen für Weltanschauungsmusik, deren Werke, wenn sie sich nicht in der Einsamkeit ihrer Uraufführung erschöpfen, rezeptionsgeschichtlich an diesen Wandlungen teilhaben.
Der Fragen sind viele: Was bedeutet es, wenn Musik, von Beethovens Symphonik bis Stockhausens szenischer Heptalogie Licht, zum Hörort und Schauplatz von Weltanschauung wird? Welche Voraussetzungen tragen die Konzeptionen der Werke, von welchen Zielen lassen sich die Komponisten leiten? Welche ästhetischen, welche institutions- und welche gattungsgeschichtlichen Bedingungen müssen erfüllt sein, damit an die Stelle hergebrachter musikalischer Genres individuelle Kunstwerke treten können, die sich poetologisch und ästhetisch mit Weltanschauung auseinandersetzen? Welche methodologischen Herausforderungen hat die Musikanalyse dabei historisch-strukturell zu bewältigen?
Weltanschauungsmusik ist somit nur dann gegeben, wenn in auktorialer Markierung das Paradox einer doppelten, autonomie- und heteronomieästhetischen Begründung der Tonkunst vorliegt. Wenn ein Komponist einem Werk wohl einen weltexternen Bezug einschreibt, ihm jedoch keine überzeugende, strukturell tragfähige Form verleiht, so dass das Postulat einer autonomieästhetischen Dimension der Musik – wie bei mancher »Tendenzkunst« – nicht eingelöst bleibt, oder wenn umgekehrt ein Werk der absoluten Tonkunst immanente Weltaspekte zwar so reich wie in Brahms' Symphonik ausformt, aber kein Text, und sei es zumindest ein Titel wie bei der Tragischen Ouvertüre, eine Referenz auf eine Welt außerhalb stiftet, so dass das heteronomieästhetische Postulat ins Leere greift, so genügen beide Fälle den Kriterien von Weltanschauungsmusik nicht, weil jeweils eine Seite der doppelten Markierung durch den Komponisten nicht erfüllt wird.
Insofern ich damit für Weltanschauungsmusik ein Zusammentreffen zweier Modelle postuliere, die man in den Phasen der Geschichte meist unvereinbar wähnte, beinhaltet diese Konstruktion den Versuch, die historische Physiognomie einer Epoche, die den in ihr Lebenden oft verborgen bleibt, als eine paradoxe freizulegen. Beide Seiten, Heteronomie- wie Autonomieästhetik, sind indes rezeptionsgeschichtlich auch für die Gegenwart relevant, wobei nicht selten eine Diskrepanz zwischen fesselnden strukturellen und veralteten inhaltlichen Faktoren Weltanschauungsmusik heute charakterisiert. (…)
Wie aber wird ein Komplex auf struktureller, performativer und allegorischer Ebene darstellbar, ohne sich ins Bedeutend-Allgemeine zu verlieren? In anderen Zusammenhängen bewährte Modelle der Historiographie – die strukturhistorisch-diachrone Gliederung, die gattungstheoretische Auffächerung, die Folge von Komponistenmonographien und die Reihung exemplarischer Einzelwerkstudien – verfehlen die hier gesetzten Ziele. (…) Die Defizite der erwähnten Modelle ließen im Autor jenes andere Konzept aufkeimen, das diesem Buch zugrunde liegt: eine Gliederung nach ideellen Faktoren oder »Inbildern«, die Weltanschauungsmusik in ihrer künstlerischen Substanz bestimmen. Inbilder sind Ideen, welche die Kunstwerke mit ihren Ambiguitäten leiten, deren autonomie- und heteronomieästhetische Dimension begründen und damit kompositorisch wie kulturell einen Kern von Weltanschauungsmusik repräsentieren. (…) An solche Bestimmungen anknüpfend gliedere ich den Gesamtraum von Weltanschauungsmusik in die Inbilder: Gemeinschaft, Bildung, Religion, Heldentum, Liebe, Allnatur. Diese Ideen, die eine fundamentale Bedeutung für die Gesellschaft und Kultur der Menschen hatten und zum Teil noch heute haben, thematisiere ich hier so, wie sie in Werken der Tonkunst begründet erscheinen. (…)
Die ästhetisch-kulturellen Inbilder, welche meine Darstellung von Weltanschauungsmusik leiten, sind keine gegeneinander abgegrenzten Kästchen, die, immunisiert, eine Subsumption der einzelnen Werke erschöpfend erlaubten. Auch wenn sich ihre Bedeutung im Laufe der anderthalb Jahrhunderte stark – keineswegs nur in Einzelaspekten – verändert hat, sind sie simultan zu denken. Sie stellen Kraftfelder dar, die auf die Musik, ihre Entstehung, ihre Rezeption ausstrahlen.
Weltanschauungsmusik mit ihrer doppelten Schichtung bleibt der Ästhetik wie der Geschichte unterworfen, für die Wissenschaft ist sie immer zugleich in ihrem ästhetischen Eigensinn und als fait social lesbar. Ihre gesellschaftliche Modernität ist, auch wenn diese bei den Werkanalysen nur gelegentlich am Horizont aufscheint, immer mitzudenken. Das »Dritte Reich« beschädigte die Idee von Weltanschauungsmusik auch deshalb, weil ästhetische Leitideen einer missverstandenen Gegen-Moderne – Einheit, Monumentalität, Organizismus, Biologismus – eine verwerfliche soziale Modernität konstituieren sollten. Die Inbilder selbst, deren Namen auf Quellen der Antike zurückweisen, sind keine abgestandenen, antiquierten Bilder, in ihnen treibt vielmehr eine Dialektik, wie man sie im Klassizismus und bei Wagner findet, aus alten Quellen Modernität hervor. Darum hat Weltanschauungsmusik Teil an einer Dialektik der Aufklärung. Wohl mag es scheinen, als kämen die Potentiale der Moderne bei der absoluten Tonkunst reiner und stärker zur Geltung als bei Weltanschauungsmusik, die der außermusikalische Weltbezug konstitutiv »verschmutzt«. Und mag auch die strukturelle Seite heute aktueller als ihr Widerpart erscheinen, so sind doch umgekehrt die heteronomieästhetischen Quellen vielfach wirksam, historisch deutbar und stehen für eine Rezeption in Gegenwart und Zukunft offen. Wie die Neue Musik nach der seriellen Hochphase der 1950er Jahre eine Wendung zur »Welt«, zur »Sprache« und ihrer Semantik vollzogen hat – die Oeuvres von Dieter Schnebel und Mauricio Kagel liefern hierfür faszinierende Beispiele –, so birgt Weltanschauungsmusik mit einer Fülle von Perspektiven ein durchaus verwandtes Aktualisierungspotential.
 

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Gesetzt wurde dieses Buch aus der »Quadraat«, einer mit schönen Details ausgestatteten Schrift, die von dem niederländischen Schrift-Designer Fred Smeijers (1961 geboren) zwischen 1992 und 1997 gezeichnet wurde. Für die Überschriften und Bildlegenden wurde die serifenlose Version* dieser Schrift verwendet. Besonders interessant an der »Quadraat« ist die Kursive, die fast ohne Neigung auskommt, jedoch eigenständige Buchstabenformen und anders gestaltete Serifen als die Gerade aufweist. Dadurch unterscheidet sie sich einerseits deutlich von dieser und erfüllt somit ihre Funktion als Auszeichnungsschrift; andererseits paßt sie sich durch die minimale Neigung sehr harmonisch in das Schriftbild der Geraden ein. »Normale« Kursive – wie beispielsweise die durch Laserdrucker monopolartig verbreitete »Times« mit ihrer ausgeprägten Neigung oder die ebenfalls bekannte »Garamond« mit noch stärkerer Neigung – stechen dagegen sehr stark hervor und wirken dadurch oft wie ein Fremdkörper im Satzbild. (Falls Ihr Browser die Schriften korrekt anzeigt, sehen Sie hier zur Verdeutlichung diesen Satz in »Times« kursiv. Und zum Vergleich gibt es hier mehrere Beispielseiten aus dem Buch als PDF in der Originalschrift »Quadraat« mit der Kursiven als Auszeichnungsschrift bei Werktiteln und ähnlichem.) Außerdem können Sie hier noch das Titelblatt (Seite 2 und 3) sehen, zweifarbig gedruckt mit einem kolorierten Frontispiz von Max Klinger.
Gedruckt wurde das Buch von der Firma Bookstation in Sipplingen am Bodensee auf »Alster«, ein holzfreies, säurefreies, chlorfreies und alterungsbeständiges Werkdruckpapier** mit angenehm gelblichweißer Färbung und mittlerem Volumen,*** das von der Firma Geese in Hamburg geliefert wurde. Das edle »Silktouch Nuba«, mit dem der Einband bezogen wurde, zeichnet sich durch einen weichen, angeschliffenen Nubukleder-Touch aus. Es wurde von der Papieragentur Winter & Company aus dem südbadischen Lörrach geliefert, ebenso wie das Vorsatzpapier »Papur Wadi«, das aus natürlichen Zellstofffasern und umweltgerechten Farbpigmenten hergestellt wird. Das Kapitalband mit dem Lesebändchen wurde von der traditionsreichen Band- und Gurtweberei Güth & Wolf in Gütersloh gewoben. Hervorzuheben ist noch die Autor- und Titelangabe auf dem Buchrücken, die nicht – wie meistens üblich – gedruckt, sondern als hochwertige Heißfolienprägung**** aufgebracht wurde. (Die hintere Umschlagseite mit Buchrücken und vorderer Umschlagseite können sie hier als PDF sehen.) Gebunden wurde das Buch schließlich von der Allgäuer Buchbinderei Kösel in Altusried-Krugzell.

*        Serifen: Die »Füßchen« unten und oben an den Buchstaben von Antiqua- und Egyptienne-Schriften; Linear-Antiqua und Grotesk-Schriften sind dagegen serifenlos.
**      Werkdruckpapier: Ein hochwertiges, maschinenglattes (so wie es aus der Papiermaschine kommt) oder (wie »Alster«) leicht satiniertes (geglättetes) und wenig geleimtes Druckpapier.
***    Papiervolumen: Das Alster-Werkdruckpapier mit einem Flächengewicht von 90g/qm hat 1,3faches Volumen, das heißt: Das Papier ist – im Vergleich zu einem Standardpapier mit demselben Flächengewicht und 1fachem Volumen – dicker, ohne schwerer zu sein. Normalerweise verwenden wir Werkdruckpapier mit 1,75-fachem Volumen. Bei einem Umfang von 504 Seiten würde das Buch allerdings sehr dick und unhandlich werden. Deshalb verwenden wir hier die etwas dünnere Variante. Zum Vergleich: Bei 504 Seiten Umfang weist der Buchrücken mit 1,3-fachem Papier eine Stärke von rund 3 cm auf, bei 1,75-fachem Volumen wären es fast 5 cm.
****  Bei der Heißfolienprägung wird Schrift oder ein grafisches Motiv als dünne Folie mittels Druck und Hitze auf den Karton oder das Papier geprägt. Die Prägefolien bestehen aus Kunststoff und sind mit Lack- oder Pigmentfarben beschichtet. Sie können matt oder glänzend sein, auch Perlmutt- und Metallic-Effekte (Gold, Silber, Kupfer und viele andere) sind möglich.

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Rezensionen

Dissonance, Heft 110, 6/2010       »In seinem nun erschienenen, sehr schön edierten 500seitigen Buch Weltanschauungsmusik legt er [Danuser] ein weiteres beredtes Zeugnis ab von seiner Fähigkeit, die Dialektik von Weltexternität und Werkimmanenz virtuos zu entfalten. […] Hermann Danusers Buch Weltanschauungsmusik ist allerdings nicht nur Kritikern und Forschern sehr ans Herz zu legen. Die Danusersche Kategorie […] böte auch Diskussionsstoff in Künstler- und Veranstalterkreisen. Weltanschauungsmusik kann künstlerisches Überdauern kaum garantieren – aber sie kann zumindest Augen und Ohren dafür öffnen, wie durch unbedingtes ›Kunstwollen‹ aussergewöhnlich tragfähige und aussagekräftige Werk-Konzeptionen entwickelt wurden – und hoffentlich noch werden.«    Torsten Möller

Neue Zeitschrift für Musik, Heft 4/2010       »So profund und fruchtbar die Fülle der sorgfältig präparierten Details sowie die farbige Differenzierung von Perspektiven der Einzelwerke auch ist, so vorläufig erscheint Danusers großer Entwurf, der nur als offener und prinzipiell unabgeschlossener verstanden werden kann. An dieser unaufdringlich undogmatischen Art von Theoriebildung darf weiter gearbeitet werden.«    Walter-Wolfgang Sparrer

Musik & Ästhetik, Heft 58/2011       »Hermann Danuser hat mit dem Titel Weltanschauungsmusik seine summa musicologica vorgelegt. Ein solcher im Anspruch besonders hochstehender Beitrag zu unserem Fach wirft eine Reihe an Fragen auf, im gegebenen Kontext zunächst die, wie man als Rezensent einer auf dauerhafte Geltung angelegten Schrift, in der sich die Erfahrung eines ganzen Forscherlebens niederschlägt, gerecht werden kann. Wie bei der letzten großen musikwissenschaftlichen Summe, Richard Taruskins 2005 erschienener Oxford History of Western Music, […] bleibt auch bei diesem, von der Edition Argus in edlem Kunstleder präsentierten Band nur eine Möglichkeit: eine kritische Auseinadersetzung, die ins Innerste des hier entwickelten Denkansatzes führt – eine Kritik, die größtmögliches Verständnis sucht und herausarbeitet, was auch nach einer eingehenden begrifflichen und materialen Analyse nicht von der Summe subtrahiert werden kann.
Danusers magnum opus beginnt mit einem umfangreichen Einleitungsteil, in dem ein theoretischer Ansatz vorgestellt wird, der in Idee und Ausführung in der Musikwissenschaft seinesgleichen sucht. […] Musikhistoriographie an Begriffen oder Inbildern auszurichten ist auch dann, wenn diese als ›Kraftfelder‹ in den Werken verstanden werden, kein leichtes Unterfangen. Bei Danuser gelingt die Einlösung des theoretischen Ansatzes in den meisten materialen Kapiteln aber in exemplarischer Weise. […]
Danusers Buch ist also zugleich eine Summe und ein Beginn; eine Summe, von der nur wenig zu subtrahieren, zu der aber von den kommenden Generationen ungleich mehr an Material zu addieren ist.«    Nikolaus Bacht

Die Tonkunst, Nr. 3, 5/2011       »Ein im besten Sinne des Wortes anspruchsvolles Buch: anspruchsvoll das Thema, das hier wohl erstmals umfassend und in vorbildlich systematischer Gliederung abgehandelt wird, anspruchsvoll die Sprache, die ganz Kultur- und Bildungsgut zu sein wagt, ohne darüber ihre Vermittlerrolle zu verlieren, und anspruchsvoll sogar die Buchgestaltung, die am Ende auf einer halben Seite Text extra gewürdigt wird. Inhalt und Verpackung harmonieren und machen aus der Weltanschauungsmusik ein opus summum – jedoch kein opus ultimum, denn dem Weltentwurf dieses Buches ist die Notwendigkeit zum Weiterdenken, Weiterforschen, Weiterfragen von vornherein mit eingeschrieben. […]
›Weltanschauungsmusik‹, wie Danuser sie in seiner 503 Seiten umfassenden Schrift als großen Entwurf präsentiert, reicht für ihn historisch von Beethoven bis in die Gegenwart (die er nach 1945 freilich nur anreißt), ist philosophisch verankert in den Denkbildern insbesondere des deutschen Idealismus, wurzelt tief im Bildungsbürgertum, ist stark national kodiert (durch Delius, Langgaard und Skrjabin zeigt Danuser, dass das Konzept auch jenseits der deutschen Sprachgrenzen funktioniert) – und erweist sich kulturgeschichtlich allemal als heikel. Das Thema impliziert also eine gewaltige Herausforderung an eine historisch bewusste, Disziplinen überschreitende Untersuchung, will sich der Autor nicht von allen Seiten ideologischen Vorbehalten aussetzen.
Danuser begegnet der Gefahr durch eine gedankenklare Struktur und einen meisterhaften formalen Aufbau: Das Inhaltsverzeichnis entwirft geradezu mustergültig die Silhouette des Folgenden, indem es in stringenter Folge die Teilbereiche ›Gemeinschaft‹, ›Bildung‹, ›Religion‹, ›Heldentum‹, ›Liebe‹ und ›Allnatur‹ an exemplarischen Kompositionen verdeutlicht. […]
Die Großkapitel werden jeweils durch Druckgraphiken von Max Klinger eingeleitet, die in ihrer heiklen Ambivalenz von zeitverhafteter Weltausdeutung und zeitloser technischer Qualität einen assoziationsreichen Kontrapunkt zum Thema des Buches ausbilden. Auch an dieser Entscheidung zeigt sich, dass Weltkonzepte, Diskursnormen und Aneignungsstrategien – Momente, die in der traditionellen Musikwissenschaft gern ausgespart bleiben, weil sie mit der Musik an sich (was auch immer das sei) vermeintlich nichts zu tun haben – Danuser auf besondere Art herausfordern. Auf diese Weise erweitert er das Selbstverständnis des Fachs. Ziel ist es, ›den autonomieästhetischen Diskurs‹ zu verändern, indem ›seine Grenzen ständig in Richtung Bedeutungsgenese, Semiotik, kulturelle Pragmatik‹ überschritten werden (S. 9), und damit zugleich eine ›Antwort auf die New Musicology‹ zu geben, ›insofern der heteronomieästhetische Diskurs unter ästhetischen, historischen, rezeptionsmäßigen Perspektiven zur Strukturanalyse zurückkehrt‹ (S. 9).
Eine solche Verbindung von ›Diskurs- und Werkanalyse‹ (S. 9) klingt sperrig in der Theorie – in der Praxis jedoch vollbringt Danuser etwas zutiefst Musikwissenschaftliches. Denn wo minder kompetente Autoren sich möglicherweise mit dem hermeneutischen Diskurs und dem Erforschen von Werkkontexten, Entstehungsbedingungen und geistigen Voraussetzungen zufrieden geben würden, versäumt Danuser es niemals, sein Thema unmittelbar zur Musik in Beziehung zu setzen. Seine Analysen sind kein lose angefügtes Additum, sondern substanziell; sie erweisen sich als Argumentationsgrund und Befragungsziel in einem. Damit schreibt Danuser Musik-Wissenschaft im schönsten, auch kulturhistorisch und geistesgeschichtlich umfassenden Sinn.
Das ist bei einem derart komplexen Anspruch freilich nur möglich, wenn es dem Autor gelingt, seine Leserschaft in seine Gedankengänge mit einzubeziehen. […] Und wer sich darauf einlässt, erkennt, dass sich dieses Buch zwar nicht scheut, Ansprüche zu stellen, dass es seine Leserschaft zugleich aber mit einbindet in ein Sinn stiftendes Gefüge von verschrifteter Kommunikation. Dadurch gelingt es Danuser, das Lesen auch jenseits einer seminarbasierten Pflichtlektüre zum Gewinn, ja zum Genuss zu machen – eine in der heutigen Wissenschaft leider selten gewordene, große Qualität.«    Kadja Grönke

Wagnerspectrum, Heft 1/2012       »Es zeichnet Danusers Opus aus, dass es zu […] gegenläufigen Wendungen inspiriert, ja dass es sie herausfordert und vielleicht auch braucht. Solche Erfahrungen macht man im akademischen Betrieb selten. Die wichtigen Bücher sind nicht die, die auf Zustimmung angewiesen sind, sondern die, die zu denken geben, unter welchen Vorzeichen auch immer. In diesem Sinne ist Weltanschauungsmusik von Hermann Danuser ein denkwürdiges Buch. Es begnügt sich nicht mit historischer Philologie, es arbeitet an wirklichen Problemen.«    Richard Klein

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