Jacques Handschin:
Über reine Harmonie und temperierte Tonleitern. Ausgewählte Schriften
Herausgegeben von Michael Maier



Zusammenfassung



Rezensionen




Inhaltsverzeichnis

Einleitung von Michael Maier      
   Literatur
   Nachweise der ausgewählten Texte
   Corrigenda und Addendum

Zur Musikgeschichte

Zur Geschichte der Lehre vom Organum (1926)      
Die Rolle der Nationen in der mittelalterlichen Musikgeschichte (1931)      
Eine alte Neumenschrift (1950)      

Zur Musik in Rußland

Aus der Geschichte der Orgel in Rußland (1917)      
Le Chant Ecclésiastique Russe (1952)      
La Naissance d’une Musique Russe d’Orgue, vers 1914 (1955)      

Zu einzelnen Komponisten

De différentes conceptions de Bach (1929)      
Bachs »Kunst der Fuge« und die Frage ihrer »Wiederbelebung« (1937)      
J. S. Bach et le XIXme siècle (1950)      
Camille Saint-Saëns (1930)      
Igor Strawinski. Versuch einer Einführung (1933)      

Zur Musikästhetik

Gedanken über moderne Wissenschaft (1928)      
Zur Musikästhetik des 19. Jahrhunderts (1932)      
Réflexions dangereuses sur le renouveau de la musique ancienne (1938)      
Über William Byrd und den Begriff der Fortgeschrittenheit (1945)      

Zur Musiktheorie

Rezension von Ariel: Das Relativitäts-Prinzip der musikalischen Harmonie (1926)      
Über reine Harmonie und temperierte Tonleitern (1927)      
Rezension von Urbanus Bomm: Der Wechsel der Modalitätsbestimmung in der Tradition der Messgesänge im IX. bis XIII. Jahrhundert und sein Einfluss auf die Tradition ihrer Melodien (1937)      
Über Quantität und Qualität in der Musik (1943)      
Rezension von Géza Révész: Einführung in die Musikpsychologie (1948)      

Zur spekulativen Musiktheorie

Ein mittelalterlicher Beitrag zur Lehre von der Sphärenharmonie (1927)      
Die Musikanschauung des Johannes Scotus (Erigena) (1927)      
The »Timaeus« Scale (1950)      

Namenregister      
Sachregister      

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Zusammenfassung des Inhalts

Jacques Handschin (1886–1955) war von 1909 bis 1920 Professor für Orgel in St. Petersburg. Von 1930 an wirkte er als Professor, ab 1935 als Ordinarius für Musikwissenschaft an der Universität Basel. Handschin ist einer der wichtigsten Vertreter der europäischen Musikwissenschaft des 20. Jahrhunderts. Mit seinen beiden Büchern Musikgeschichte im Überblick und Der Toncharakter. Eine Einführung in die Tonpsychologie hat Handschin Standardwerke der Musikwissenschaft vorgelegt. Während diese Werke in Neuauflagen im Handel erhältlich sind, ist das umfangreiche Corpus der Aufsätze schwer zugänglich. Durch die Ausgabe ausgewählter Schriften von Jacques Handschin soll diesem Mangel abgeholfen und sollen wichtige Texte greifbar gemacht werden. Die ausgewählten Texte gruppieren sich zu dem Bild einer musikwissenschaftlichen Position, die durch ihren Blick auf das Ganze der europäischen Musikgeschichte und durch ihre Verbindung historischer, systematischer und musikethnologischer Fragestellungen auch im 21. Jahrhundert noch bedenkenswert ist.

Die Ausgabe bietet zwei Texte zum ersten Mal in deutscher Sprache: eine Übersetzung des 1916 auf Russisch publizierten Textes Aus der Geschichte der Orgel in Rußland und die deutsche Vorlage der in ungarischer Übersetzung (gekürzt) erschienenen Abhandlung Über Quantität und Qualität in der Musik, die eine Vorstudie zum Toncharakter darstellt. Alle Texte wurden neu gesetzt. Die Zitate wurden nachbibliographiert, überprüft und gegebenenfalls korrigiert, die Temperatur- und Tonleiterberechnungen nachgerechnet; auch hier wurden Druckfehler korrigiert. Außerdem wurden Handschins verstreut publizierte Addenda und Corrigenda in die Texte eingearbeitet. Erschlossen werden die Aufsätze durch Namen- und Sachregister.

Der Auswahl steht eine ausführliche Einleitung voran, in der die Maximen von Handschins musikwissenschaftlichem Denken herausgearbeitet werden. Dazu wird zum ersten Mal Handschins wissenschaftlicher Briefwechsel –insbesondere mit Ernst Kurth, Erich Moritz von Hornbostel und Heinrich Besseler – herangezogen.

Die Ausgabe gliedert sich in die sechs Abteilungen: Zur Musikgeschichte – Zur Musik in Rußland – Zu einzelnen Komponisten – Zur Musikästhetik – Zur Musiktheorie – Zur spekulativen Musiktheorie. Jede Abteilung reicht von den 1920er bis zu den 1950er Jahren, wodurch Handschins Denken in seiner Entfaltung sichtbar wird. Einige Schlaglichter zu den einzelnen Abteilungen:

1. In der Frage nach der Entstehung der Mehrstimmigkeit – der Frage nach der Gründungssituation der westeuropäischen Musik – folgt Handschin der traditionellen Lehre von der Nähe zwischen Musikwissenschaft und Philosophie. Er widerspricht der in den 1920er Jahren vorwaltenden Lehre von der urtümlich »nordischen« Neigung zum Mehrklang.

2. Aufgrund seines Herkommens aus Moskau und seiner Arbeit als Organist in Petersburg hatte Handschin eine besondere Nähe zur russischen Musik. Sie zeigt sich in seiner Darstellung der Tradition des russischen Kirchengesangs; sie zeigt sich aber auch in seinen lebhaften Berichten über das Petersburger Musikleben zu Anfang des 20. Jahrhunderts.

3. Als Orgelvirtuose unternahm Handschin in Petersburg die Aufführung aller Orgelwerke Bachs und war in die Auseinandersetzungen der Orgelbewegung involviert; selbstkritisch wirft er in seinen Aufsätzen zu Bach einen skeptischen Blick auf die mit dem Komponisten verbundenen Werturteile. In seinen Monographien Camille Saint-Saëns’ und Igor Strawinskis zeigt er die individuellen Werke als die eigentlichen Wegmarken der Musikgeschichte.

4. Die ausgewählten Texte zur Musikästhetik beleuchten Handschins Kritik an dem geisteswissenschaftlichen Intuitionismus der 1920er Jahre, seine Unterscheidung von musikwissenschaftlicher Erforschung und musikalischer Aneignung alter Musik, seine Problematisierung der Kategorie des Fortschritts in der Musik.

5. Handschins musiktheoretisches Hauptinteresse gilt der Tonlehre. Die ausgewählten Texte dokumentieren Handschins Weg zur Entwicklung seiner Kategorie »Toncharakter«. Sie zeigen die Diskussionen, in denen diese Kategorie entsteht und Form gewinnt.

6. Handschins Versuch, die Musik in die Helle und die Allgemeinheit des Denkens zu stellen, hat ihn auf die Gestalt Eriugenas aufmerksam werden lassen. Die Musik dient bei Eriugena zur Erläuterung des Gedankens an ein Allgemeines, in dessen Licht das Individuum zu sich zu kommen und bei sich zu bleiben vermag. Handschins Anregung, die Musiktheorie des 9. Jahrhunderts im Horizont von Gedanken Eriugenas zu interpretieren, hat eine bis heute andauernde Diskussion angestoßen.

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Rezension

Concerto. Das Magazin für alte Musik, Mai 2001      (…) Der jetzt vorliegende Sammelband mit ausgewählten Schriften – der zweite nach einem 1957 von seinem Schüler Hans Oesch unter dem Titel Gedenkschrift Jacques Handschin edierten Band –, könnte gut »Musikgeschichte im Einzelnen« heißen. Er versammelt, von dem Handschin-Forscher Michael Maier kompetent ausgewählt und eingeleitet, 23 weitere Aufsätze von insgesamt 180, die Handschin hinterließ, davon zwei erstmals auf Deutsch und mehrere aus den im früheren Sammelband vernachlässigten späteren Jahren. (…)

Auch die Erörterung spezieller Fragen aus der Musikgeschichte erfährt hier manchen bisher vielleicht übersehenen Anstoß. Vor allem der heutzutage wieder von Lähmung bedrohten Mittelalterforschung könnten (Handschins) Artikel neue Impulse geben. (…)
Peter Sühring

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